Geschichte vor 1945

Der Reichsführer-SS

Heinrich Himmler (1. Reihe, 3. von rechts) im Kreis hochrangiger SS-Führer in München, 1932 © ullstein bild

Die Schutzstaffel (SS) wurde 1925 als Parteipolizei gegründet. Sie war Leibwache Adolf Hitlers und sicherte Veranstaltungen der NSDAP. Zunächst unterstand sie der weitaus größeren Sturmabteilung (SA), einem paramilitärischen Verband der NSDAP. Als Heinrich Himmler, ein studierter Landwirt, 1929 die Leitung der SS übernahm, zählte sie nur wenige hundert Mitglieder. Unter seiner Führung stieg die SS zu einer der mächtigsten Institutionen im NS-Staat auf.

Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933 verfolgte die SS die politischen Gegner der Nationalsozialisten. Instrument des Terrors waren die Konzentrationslager der SS, die dem Zugriff der Justiz entzogen waren. In den folgenden Jahren wurden immer weitere Bevölkerungskreise in Konzentrationslagern interniert: Homosexuelle, als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ bezeichnete Menschen sowie aus rassistischen Gründen Verfolgte wie Jüdinnen und Juden oder Sinti und Roma.

Himmler erlangte bis 1936 die Kontrolle über die gesamte Polizei. Sie sollte mit der SS zu einem nationalsozialistischen „Staatsschutzkorps“ verschmelzen, das sich nicht an Recht und Gesetz, sondern am „Führerwillen“ und der „Volksgemeinschaft“ orientierte. Himmler sah in der SS eine Ordensgemeinschaft mit strengen Aufnahmekriterien, Keimzelle für die rassistisch begründete Neuordnung Europas.

SS und Polizei sicherten nach Kriegsbeginn mit Gewalt und Terror die von der Wehrmacht eroberten Gebiete. Besonders in Osteuropa, das als zukünftiger Lebensraum für Deutsche galt, verübten SS-Einheiten Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Die Völkermorde an den europäischen Juden sowie den Sinti und Roma wurden maßgeblich von der SS geplant und ausgeführt.

Der Stab des Reichsführers-SS koordinierte die vielfältigen Aktivitäten der SS, die nicht nur im polizeilichen, geheimdienstlichen und militärischen Bereich tätig war, sondern auch in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Ihren Sitz hatte die Dienststelle in der Prinz-Albrecht-Straße 8.

Die Geheime Staatspolizei (Gestapo)

Amtseinführung Heinrich Himmlers (rechts) als Inspekteur der preußischen Gestapo durch den Preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring (Mitte) in der Prinz-Albrecht-Straße 8, 20. April 1934 © Bundesarchiv, Bild 183-H28679

Mit der Machtübernahme erlangten die Nationalsozialisten 1933 die Kontrolle über die Polizei als Trägerin der staatlichen Gewalt. In Preußen, dem größten Land des Deutschen Reichs, baute der neue Ministerpräsident Hermann Göring die Politische Polizei zu einer Sonderbehörde mit umfangreichen exekutiven Befugnissen aus. Die im April 1933 gegründete Geheime Staatspolizei wurde aus der Verwaltung herausgelöst und auch räumlich von der übrigen Polizei getrennt. Das Geheime Staatspolizeiamt bezog seinen Dienstsitz in der ehemaligen Kunstgewerbeschule in der Prinz-Albrecht-Straße 8. Die neue Polizeibehörde sollte alle „staatsgefährlichen politischen Bestrebungen“ bekämpfen. Auf Grundlage der „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933 konnte die Gestapo eigenmächtig Personen unbefristet in „Schutzhaft“ nehmen.

In München wurde Heinrich Himmler zum Chef der neu gegründeten Bayerischen Politischen Polizei ernannt. Als Reichsführer-SS unterstand ihm das Konzentrationslager Dachau, in dem die Bayerische Politische Polizei ihre Gefangenen internierte. Von Bayern aus übernahm Himmler schrittweise die Kontrolle über die Politischen Polizeien der Länder, als Inspekteur der Gestapo im April 1934 schließlich auch in Preußen.

Nach der Ernennung zum Chef der Deutschen Polizei organisierte Himmler 1936 den Polizeiapparat neu. Gestapo und Kriminalpolizei wurden im Hauptamt Sicherheitspolizei zusammengefasst; die uniformierte Polizei im Hauptamt Ordnungspolizei. In das Visier der Gestapo gerieten nun nicht allein politische Gegner wie Kommunisten oder Sozialdemokraten. Verfolgt wurden alle zu „Volksfeinden“ erklärten Gruppen. Dazu gehörte besonders die jüdische Bevölkerung.

In den Anfangsjahren arbeiteten in der Gestapo mehrheitlich Kriminalbeamte, die in der Weimarer Republik ausgebildet worden waren. Unterstützt wurden sie von anderen Behörden und Parteidienststellen, aber auch durch Denunziationen aus der Bevölkerung.

Der Sicherheitsdienst (SD) der SS

Titelblatt eines vom SD erstellten Lageberichts „Meldungen aus dem Reich“, 1941 © Bundesarchiv Berlin

Der Sicherheitsdienst (SD) der SS wurde 1931 auf Initiative von Heinrich Himmler gegründet und überwachte Mitglieder der NSDAP und ihre Gegner. Chef des SD war Reinhard Heydrich, ein ehemaliger Marineoffizier. In den Anfangsjahren beschäftigte der SD nur wenige hauptamtliche Mitarbeiter und konkurrierte mit anderen Nachrichtendiensten der NSDAP.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der SD 1934 zum einzigen Nachrichtendienst der NSDAP. Seinen Sitz bezog er im Prinz-Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße 102. Der SD wurde von Heydrich systematisch ausgebaut. Als Inlandsgeheimdienst beanspruchte er, sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens zu überwachen. Regelmäßige Lageberichte informierten die Partei- und Staatsführung über Stimmungen in der Bevölkerung. Weniger bedeutsam war der Auslandsgeheimdienst des SD, der mit dem Nachrichtendienst der Wehrmacht bei der Spionage und Spionageabwehr konkurrierte.

Seine Erkenntnisse über politische und weltanschauliche Gegner des Nationalsozialismus teilte der SD mit der Gestapo, der die exekutiven Befugnisse vorbehalten waren. Diese Trennung zwischen nachrichtendienstlicher Tätigkeit und polizeilicher Arbeit verschwammen nach Kriegsbeginn. In den Einsatzgruppen, die 1939 in Polen und ab 1941 in der Sowjetunion operierten, organisierten SD-Mitarbeiter und Gestapo-Beamte gleichermaßen die Massenerschießungen von Jüdinnen und Juden, Kriegsgefangenen, Funktionären der kommunistischen Partei sowie Sinti und Roma.

In den Führungspositionen des SD arbeiteten mehrheitlich junge Akademiker verschiedener Fachrichtungen. Sie betrachteten sich als weltanschauliche Elite des Nationalsozialismus. Insgesamt hatte der SD etwa 6.000 Mitarbeiter, die von schätzungsweise 30.000 Spitzeln aus allen Bevölkerungsschichten unterstützt wurden.

Das Reichssicherheitshauptamt (RSHA)

Geheimes Staatspolizeiamt, Prinz-Albrecht-Straße 8, um 1936. Ab 1939 auch Zentrale des Reichssicherheitshauptamts © bpk

Nach Kriegsbeginn 1939 organisierte Himmler die Polizei erneut um. Die Sicherheitspolizei – Gestapo und Kriminalpolizei – wurden mit dem Sicherheitsdienst der SS im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zusammengefasst. Das RSHA vereinte damit die staatliche Institution der Polizei mit einer Einrichtung der NSDAP. So entstand eine Behörde mit weitreichenden Machtbefugnissen. Sie sicherte die nationalsozialistische Herrschaft und realisierte gewaltsam deren rassistischen Vorstellungen. Leiter des RSHA war bis zu seinem Tod 1942 Reinhard Heydrich, dem 1943 Ernst Kaltenbrunner, ein österreichischer Rechtsanwalt, folgte.

Innerhalb des RSHA, das seinen Sitz in der Prinz-Albrecht-Straße 8 hatte, blieben Gestapo, Kriminalpolizei und SD selbständige Ämter. Die Schulung des Führungspersonals erfolgte jedoch gemeinsam in eigenen Ausbildungseinrichtungen. Mit nachgeordneten Dienststellen war das RSHA im gesamten Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten Europas vertreten. Im Laufe des Kriegs wurden immer mehr Ämter und Abteilungen der Zentrale an andere Orte inner- und außerhalb Berlins verlagert.

Dienststellen des RSHA waren für die Deportation und Ermordung der europäischen Juden sowie der Sinti und Roma, für die Bekämpfung jeglichen Widerstands, für die Einweisungen in die Konzentrationslager und für die Überwachung von Millionen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern verantwortlich. Auf dem Höhepunkt seiner Macht 1944 zählte das RSHA mit seinen Außenstellen etwa 50.000 Mitarbeiter. Mehr als 31.000 entfielen dabei auf die Gestapo und fast 13.000 auf die Kriminalpolizei. Die Zentrale des RSHA beschäftigte etwa 3.500 Mitarbeiter.

Das Hausgefängnis der Gestapo-Zentrale

Blick in eine Einzelzelle des ehemaligen Hausgefängnisses, 1948 © Foto: Norbert Leonard / STdT

Im August 1933 wurde im Kellergeschoss des Geheimen Staatspolizeiamts in der Prinz-Albrecht-Straße 8 ein Hausgefängnis eingerichtet. Es diente der Unterbringung von Häftlingen, an deren Vernehmung die Gestapo ein besonderes Interesse hatte. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Personen des deutschen Widerstands, aber auch ausländische Gegner des NS-Regimes.

Ein großer Teil der fast ausschließlich männlichen Gefangenen waren politisch Verfolgte. Mit 38 Einzelzellen und einer Gemeinschaftszelle war das Hausgefängnis auch nach seiner Erweiterung 1936 recht klein. Viele Häftlinge wurden daher an anderen Haftorten in Berlin und Umgebung interniert und zum Verhör in die Prinz-Albrecht-Straße 8 gebracht.

Die Vernehmungen konnten sich über Stunden oder Tage, aber auch über Wochen und Monate erstrecken. Häufig wurde bei den Verhören gefoltert. Einige Häftlinge begingen währen der Haft Suizid. Langfristige Haftaufenthalte waren eher die Ausnahme. Für die meisten Häftlinge war das Hausgefängnis nur eine Station auf dem Weg durch verschiedene Haftanstalten und Konzentrationslager.

Anfangs sperrte die Gestapo insbesondere Mitglieder der schon bald verbotenen linken Parteien (KPD, SAP, SPD) und den daraus entstandenen Widerstandskreisen ein. Während des Zweiten Weltkriegs waren es zahlreiche Personen aus dem Widerstandsnetzwerk „Rote Kapelle“ sowie aus verschiedenen zivilen und militärischen Widerstandskreisen, die am Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 beteiligt waren. Es gab aber auch viele einzelne Personen, die im Hausgefängnis inhaftiert waren, weil sie sich aufgrund ihres christlichen Glaubens oder ihres Gewissens dem NS-Regime widersetzten.

Die genaue Zahl der von 1933 bis 1945 im Hausgefängnis inhaftierten Personen ist aufgrund der Quellenlage nicht bekannt. Schätzungen gehen von mehreren Tausend Häftlingen aus.

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