Geschichte nach 1945

Verdrängte Geschichte

Nutzung des Geländes durch eine Bauschuttverwertungsfirma und ein „Autodrom“, 1981 © Magret Nissen / STdT

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet die Geschichte des Orts allmählich in Vergessenheit. Die von Gestapo und SS genutzten Gebäude waren durch Bombenangriffe zerstört oder stark beschädigt worden. Ihre Reste wurden bis Mitte der 1950er Jahre gesprengt und abgerissen.  Durch die Teilung der Stadt rückte das Gelände an den Rand West-Berlins und war ab 1961 im Norden von der Berliner Mauer begrenzt. Ende der 1960er Jahre siedelte sich auf dem Gelände ein Autodrom an, wo ohne Führerschein gefahren werden konnte. Ein anderer Teil des Geländes wurde von einer Bauschuttverwertungsfirma genutzt.

Erst Ende der 1970er Jahre wurde der historische Ort „wiederentdeckt“. Die Internationale Bauausstellung (IBA) sprach sich mehrfach gegen das Vorhaben aus, eine Straße quer über das Gelände zu führen. Verfolgtenverbände und Bürgerrechtsvereinigungen wiesen nun auf die historische Bedeutung des Orts hin. Hinzu kam die Aufmerksamkeit, die das Gelände durch die Sanierung des benachbarten früheren Kunstgewerbemuseums als „Martin-Gropius-Bau“ erhielt. Er wurde 1981 mit der Ausstellung „Preußen – Versuch einer Bilanz“ eröffnet.

Nachdem 1982 der Umgang mit dem Gelände erstmals Gegenstand einer Debatte im Abgeordnetenhaus war, lobte der Berliner Senat 1983 einen deutschlandweit offenen Wettbewerb aus. Auch einige internationale Büros waren eingeladen, sich an der „Gestaltung des Geländes des ehemaligen Prinz-Albrecht-Palais“ zu beteiligen.  Aus den 194 eingegangenen Entwürfen wählte die Jury den Entwurf des Berliner Landschaftsarchitekten Jürgen Wenzel und des Künstlers Nikolaus Lang aus.

Ende 1984 nahm der Senat von einer Realisierung des Projekts jedoch Abstand. Stattdessen wurde das Gelände nach weiteren intensiven öffentlichen Diskussionen über seine Nutzung und Gestaltung „provisorisch“ hergerichtet und 1987 im Rahmen der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin erstmals öffentlich zugänglich gemacht.

Erinnerungsort: Vom „Provisorium“ zur Stiftung Topographie des Terrors

Die Ausstellungshalle der „Topographie des Terrors“. Rechts das Schutzdach für freigelegte Fundamentreste von Zellen des ehemaligen Hausgefängnisses der Gestapo, 1990 © Margret Nissen / STdT

Die Eröffnung der Dokumentation „Topographie des Terrors“ fand am 4. Juli 1987 im Rahmen der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin statt.  In einem Ausstellungspavillon des Berliner Architekten Jürg Steiner war die Ausstellung „Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichssicherheitshaupt­amt auf dem ‚Prinz-Albrecht-Gelände‘“ zu sehen. Außerdem war das Gelände mit den inzwischen erfolgten Ausgrabungen zahlreicher Gebäudereste durch Informationstafeln historisch kommentiert. Ursprünglich sollte die Dokumentation nur während des Jubiläumsjahrs präsentiert werden – als Teil der zentralen historischen Ausstellung „Berlin, Berlin“ im Martin-Gropius-Bau. Aufgrund des großen Erfolgs wurde das „Provisorium“ Ende 1987 jedoch verlängert, zunächst um ein Jahr, schließlich auf unbefristete Zeit.

Im Februar 1989 berief der Berliner Senat eine Fachkommission unter dem Vorsitz von Professor Dr. Reinhard Rürup, dem wissenschaftlichen Leiter der „Topographie des Terrors“. Das Gremium hatte die Aufgabe, ein langfristiges Gestaltungs- und Nutzungskonzept für das Gelände zu erarbeiten. In ihrem Abschlussbericht vom März 1990 betonte die Kommission die nationale und internationale Bedeutung des historischen Orts und empfahl die Errichtung eines Dokumentations- und Besucherzentrums. Der historische Ort sollte mit den freigelegten Gebäuderesten und den Spuren der Nachkriegszeit im Wesentlichen erhalten bleiben. Diese Vorschläge wurden vom Berliner Abgeordnetenhaus und dem Senat, wenig später auch von der Bundesregierung akzeptiert und zur Grundlage der weiteren politischen Entscheidungen gemacht. Darüber hinaus wurden sie in zwei mehrtägigen Anhörungen mit der Berliner Öffentlichkeit und der internationalen Fachwelt diskutiert.

1992 wurde aus dem von bürgerschaftlichem Engagement unterstützten Projekt „Topographie des Terrors“ der Berliner Festspiele eine zunächst unselbstständige, ab 1995 selbstständige Stiftung öffentlichen Rechts. Noch 1992 lobte das Land Berlin unter zwölf eingeladenen Teilnehmern einen Bauwettbewerb für das neue Dokumentationszentrum aus. Mit der Realisierung wurde 1993 der erste Preisträger, der Schweizer Architekt Peter Zumthor, beauftragt.

Die Dauerausstellung „Topographie des Terrors“ entlang der Ausgrabungen an der Niederkirchnerstraße, 2006 © Hans D. Beyer / STdT

Während der Bauphase des Projekts kam es jedoch zu bautechnischen Problemen und nicht kalkulierbaren Kostenrisiken. Im Mai 2004 entschieden daher das Land Berlin und die Bundesregierung als Träger der Stiftung, den 1997 begonnenen, aber seit 1999 ruhenden Bau, nicht fertigzustellen und einen neuen Bauwettbewerb auszuloben.

Diesem dritten Wettbewerb für das Gelände der „Topographie des Terrors“ ging eine intensive Vorbereitungszeit voraus.  Durchgeführt wurden ein öffentliches Symposium sowie zwei Fachcolloquien. Unter dem Geschäftsführenden Direktor der Stiftung, Professor Dr. Andreas Nachama, wurde schließlich das konkrete Nutzungsprogramm für die Auslobung des Wettbewerbs erarbeitet. Grundlage des aktualisierten Konzepts bildeten weiterhin die Empfehlungen der Fachkommission von 1990.

Das Dokumentationszentrum Topographie des Terrors: Neubau und Gestaltung des historischen Geländes

Blick auf das Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, 2010 © Stefan Müller / STdT

Im April 2005 lobte die Bundesregierung einen offenen, internationalen Realisierungswettbewerb aus. Die Wettbewerbsaufgabe umfasste sowohl ein Konzept für die Gestaltung des historischen Orts mit seinen materiellen Spuren als auch den Entwurf für ein sachliches Ausstellungsgebäude mit begleitenden wissenschaftlichen und pädagogischen Funktionen. Die Entwürfe sollten der nationalen und internationalen Bedeutung des historischen Orts im Zentrum der Hauptstadt gerecht werden und gleichzeitig diesen „Ort der Täter“ nicht überhöhen.

Das Preisgericht prämierte im Januar 2006 den Entwurf der Architektin Ursula Wilms (Heinle, Wischer und Partner, Berlin) und des Landschaftsarchitekten Professor Heinz W. Hallmann (Aachen) und empfahl ihn einstimmig zur Ausführung. Im November 2007 erfolgte der offizielle Baubeginn für das durch Bund und Land Berlin finanzierte Projekt. Die Durchführung des Bauprojekts oblag dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

© Stefan Müller / STdT

Der prämierte architektonische Entwurf des neuen Dokumentationszentrums umfasste auch eine Gestaltungsidee für die Hauptausstellung im Gebäude, die der Auslobung des Wettbewerbs gemäß „vielfältige Blickbezüge“ zum Gelände der „Topographie des Terrors“ ermöglichen sollte. Die gestalterische Weiterentwicklung der Ausstellungsbereiche erfolgte in enger Zusammenarbeit der Architektin Ursula Wilms mit dem Ulmer Büro Braun Engels Gestaltung.

Die Eröffnung des neuen Dokumentationszentrums Topographie des Terrors sowie des neu gestalteten Geländes erfolgte am 6. Mai 2010. Seitdem stehen den Besuchern vier Ausstellungsbereiche offen. Im Gebäude befinden sich die Dauerausstellung „Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt in der Wilhelm- und Prinz-Albrecht-Straße“ sowie ein Raum für Sonderausstellungen. Im Außenbereich wird der Ausstellungsgraben entlang der freigelegten Kellermauerreste an der Niederkirchnerstraße (ehemalige Prinz-Albrecht-Straße) als Ausstellungsfläche genutzt. Präsentiert wird hier in der Regel die Dauerausstellung „Berlin 1933–1945. Zwischen Propaganda und Terror“. Das Gelände der „Topographie des Terrors“ ist durch einen „Geländerundgang“ mit 15 Ausstellungsstationen inhaltlich erschlossen, die einen Überblick über die Geschichte des historischen Orts vermitteln. Die drei Dauerausstellungen sind jeweils zweisprachig (Deutsch und Englisch) ausgeführt.

Das Gelände der „Topographie des Terrors“

Der Ausstellungsgraben entlang der freigelegten Kellermauerreste, Mai 2010 © Stefan Müller / STdT

Mit einer Vielzahl historischer Spuren und Relikte ist das Gelände wesentlicher Bestandteil und „erstes Exponat“ der Dokumentation „Topographie des Terrors“.

Zu den materiellen Spuren des historischen Orts gehören die freigelegten Reste der früheren (Gründerzeit-) Bebauung entlang der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße (heute Niederkirchnerstraße) und der Wilhelmstraße sowie der Kolonnade des ehemaligen Prinz-Albrecht-Palais. Erhalten sind außerdem die Kellerräume einer ehemaligen SS-Verpflegungsbaracke sowie Reste der Gefängnishofmauer. Darüber hinaus gibt es zwei Denkmale auf dem Gelände: das durch einen Sand- und Schotterbelag geschützte Bodendenkmal mit den Fundamentresten des Hausgefängnisses der Gestapo-Zentrale sowie das Baudenkmal Berliner Mauer, das etwa 200 m lange Reststück der Berliner Mauer an der Niederkirchnerstraße.

Die freigelegten Kellerräume einer ehemaligen SS-Versorgungsbaracke, 2010 © Stefan Müller / STdT

Zum historischen Ort gehört außerdem das „Robinienwäldchen“ an der Wilhelm- und Anhalter Straße. Nach Plänen der NS-Zeit sollten hier wie auch auf dem nordöstlichen Teil des Geländes statt der damaligen Bebauung zwei Monumentalbauten für das Reichssicherheitshauptamt entstehen. Heute vermittelt das Wäldchen mit den Fahrpisten des ehemaligen „Autodroms“ vor allem einen Eindruck von der Nutzung des Geländes in der Nachkriegszeit.

Baudenkmal Berliner Mauer

Baudenkmal Berliner Mauer am Eingang des Dokumentationszentrums Topographie des Terrors, 2020 © STdT

Die Berliner Mauer wurde weltweit zum Symbol der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und darüber hinaus Symbol des Kalten Krieges zwischen Ost und West.

Der Bau der Mauer begann am 13. August 1961. Mit dieser über 150 km langen Grenzsperranlage riegelte die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Ost-Berlin und das übrige Gebiet der DDR hermetisch ab. Zwischen Oktober 1949 und August 1961 waren mehr als 2,7 Millionen Menschen aus der DDR geflohen, mehrheitlich über die Sektorengrenzen zwischen Ost- und West-Berlin. Die Mauer sollte diesen Flüchtlingsstrom unterbinden und jeden unkontrollierten Grenzübergang unmöglich machen.

Die Sperranlage bestand aus mehreren Abschnitten: einer „Vorderlandmauer“ und einer „Hinterlandmauer“, einem Grenzstreifen mit Kolonnenweg, Wachtürmen und Sperrbefestigungen. Bis 1989 kamen an der Berliner Mauer mindestens 136 Menschen zu Tode, 98 von ihnen waren Flüchtlinge. Die meisten fielen den Schüssen der DDR-Grenztruppen zum Opfer.

Die Reformpolitik der Sowjetunion, die rasch anwachsende Protestbewegung der DDR-Bevölkerung, aber auch die inzwischen mögliche Flucht tausender DDR-Bürger über das osteuropäische Ausland führten am 9. November 1989 zum friedlichen Fall der Mauer. Wenig später wurden die ersten Teile der Mauer niedergerissen. Noch vor der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 war sie weitgehend aus dem Stadtbild Berlins verschwunden.

Das 200 m lange Reststück der Mauer an der Niederkirchnerstraße – die hier die Grenze zwischen den Bezirken Mitte (Ost-Berlin) und Kreuzberg (West-Berlin) markierte – wurde auf Wunsch der „Topographie des Terrors“ mit allen Spuren der Zerstörung aus der Zeit des Mauerfalls erhalten und 1990 unter Denkmalschutz gestellt. Das Mauerfragment ist heute Bestandteil des Dokumentationszentrums Topographie des Terrors. Als eines der wenigen noch erhaltenen Mauerreste in der Stadt ist es auch eine Station innerhalb des vom Berliner Senat entwickelten „Gesamtkonzepts Berliner Mauer“. 

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