Gemeinsam gegen die drohenden Kürzungen im Berliner Kulturhaushalt!
Öffentlicher Brief der Kulturstiftungen vom 27. November 2024
„Wer sparen will, braucht ein Konzept“
Die Kulturstiftungen des Landes Berlins blicken fassungslos auf die aktuelle Sparliste des Senats im Kulturbereich. Es ist nicht erkennbar, welches Konzept, welche Idee dahintersteckt und wie der Senat die Kulturlandschaft dieser Stadt für die Zukunft gestalten will. Stattdessen werden wir eben doch nach dem Rasenmäher-Prinzip gekürzt und viele Sonderprogramme ersatzlos gestrichen, mit denen derzeit die Voraussetzungen für zukünftiges Handeln geschaffen werden (z. B. Digitale Transformation).
Die Rahmenbedingungen für das Management der Kulturstiftungen bleiben für die nächsten Jahre völlig unklar. Sollte der Senat Tarifabschlüsse verhandeln, den Stiftungen die entsprechenden Tarifmittel zukünftig jedoch nicht zur Verfügung stellen, bedroht das (perspektivisch) die Substanz der Stiftungen. Wird er Steigerungen der Gebäudekosten, die in der städtischen Immobiliengesellschaft BIM verwaltet werden, weiterhin ausgleichen oder auch hier indirekt zusätzliche Kürzungen bei den Kulturstiftungen auslösen? Die nun geplanten Kürzungen werden in den meisten Stiftungen mit einem enormen Personalabbau verbunden sein, zentrale Aufgaben werden von den Stiftungen nicht mehr erfüllt werden können. Ist der Senat bereit, verlässliche zeitliche Korridore mit entsprechenden Rahmenbedingungen mit den Stiftungen zu vereinbaren, damit diese eine Anpassung an veränderte Zuschüsse gestalten und ihrem kulturellen Auftrag überhaupt noch nachkommen können?
Konsolidierung ohne Konzept und ohne Einbeziehung der Ressortverantwortlichen führt einfach nur in ein Abriss-Szenario. Wir fordern die Abgeordneten der Regierungskoalition auf, dieser vorliegenden Kürzungsliste so nicht zuzustimmen und ein Konzept vom Senat einzufordern, das klare Entwicklungsziele und -pfade für die Kulturlandschaft Berlins definiert. Zuschussentscheidungen müssen unter definierten Rahmenbedingungen beschrieben und so getroffen werden, dass sie im Management realisierbar sind.
Für entsprechende Vereinbarungen stehen wir als Berliner Kultureinrichtungen auch im Bewusstsein der Sparzwänge im Haushalt bereit.
- Berlinische Galerie
- Bröhan-Museum
- Stiftung Berliner Mauer
- Stiftung Berliner Philharmoniker
- Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin
- Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
- Stiftung Oper in Berlin
- Stiftung Stadtmuseum Berlin
- Stiftung Topographie des Terrors
- Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Stellungnahme des Berliner Museumsverbands zu den Berliner Haushaltskürzungen vom 26.11.2024
Mit dem Beschluss des Berliner Senats wurde bekannt gegeben, dass der Kulturetat um 130 Millionen Euro gekürzt werden soll, was einer Reduzierung um 13 % entspricht. Dazu kommen noch die Kürzungen der Tarifvorsorge. Mit 2,1 % ist der Kulturressort der kleinste des Gesamthaushalts; die überproportionalen Kürzungen belasten ihn schmerzhaft.
Der Berliner Museumsverband schließt sich der Stellungnahme des Bündnisses #BerlinIstKultur an. „Die Einsparungen zerstören nachhaltig die kulturelle Infrastruktur und werden zu drastischen Programmkürzungen, Entlassungen und Schließungen führen. Vielfalt, Exzellenz, Resilienz und Gesellschaftlicher Zusammenhalt stehen auf dem Spiel.“
Wir solidarisieren uns mit allen Bereichen der Kultur wie auch anderen Bereichen der gesellschaftlichen Infrastruktur. Als Berliner Museumsverband machen wir deutlich, dass die anvisierten Kürzungen u.a. Folgendes für die von uns vertretenen Institutionen bedeuten würden:
- Die Fixkosten für Museen liegen insbesondere durch die Pflege und Bewahrung von Sammlungen im Durchschnitt bei 80-90 %. Die Kürzungen hätten für viele Einrichtungen zur Folge, dass keine Programmmittel mehr für Ausstellungen und Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Damit sind die Museen in der Wahrnehmung ihrer Kernaufgaben „Ausstellen“ und „Vermitteln“ drastisch eingeschränkt. Langfristig folgt daraus auch ein Einbruch der Einnahmen der Häuser, wodurch die Abwärtsspirale weiter verschärft würde.
- Insbesondere kleinere Einrichtungen, die durch die Streichungen überproportional stark getroffen werden, haben wenig bis keinen Handlungsspielraum. Es wird zu Stellenabbau kommen, der angesichts der ohnehin prekären Personalsituation schwer zu verkraften sein wird. Dadurch stehen beispielsweise bereits unmittelbar die sichere Bewahrung und Erhaltung der Sammlungen, die auch das kulturelle Gedächtnis der Stadt Berlin sind, auf dem Spiel.
- Museen und Gedenkstätten sind wichtige Anker für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine funktionierende Demokratie. Als zentrale Ansprechpartner*innen für Schulen und Kindergärten leisten sie wertvolle Bildungsarbeit, insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit, Diversität und Barrierefreiheit sowie in der kulturellen und historisch-politischen Bildung. Gerade in Zeiten, in denen Rechtsextremismus und Geschichtsrevisionismus zunehmen und die Demokratie herausfordern, ist dies unverzichtbar. Angesichts der Kürzungen können Museen dieser Aufgabe aber nur noch sehr limitiert nachkommen. Besonders schmerzhaft wirken sich dabei die Streichungen von strukturellen Programmen und Projekten im Bereich der Digitalität, Diversität und Barrierefreiheit aus. Die negativen Folgen werden sich sowohl kurzfristig als auch langfristig deutlich bemerkbar machen.
Der Berliner Museumsverband, als Vertretung von rund 90 der Berliner Museen, Gedenkstätten und Ausstellungshäuser, fordert einen ernsthaften Dialog zwischen den politisch Verantwortlichen und den betroffenen Einrichtungen sowie deren Interessenvertretungen.
#berlinistkultur: „Kürzungen für die Kulturförderung in historischer Höhe von 13 % erzielen einen exponentiellen Effekt auf die gesamte Kulturbranche und werden die Kulturhauptstadt Berlin dauerhaft beschädigen.“
Informationen zum Berliner Museumsverband e.V.
Der Berliner Museumsverband e.V. ist das Netzwerk der Berliner Museen, museumsverwandter und auf die Museumsarbeit bezogener Einrichtungen, Netzwerke und Verbande sowie der Menschen, die für und mit diesen arbeiten. Solidarisch und kollaborativ setzt sich der Verein für eine professionelle, gesellschaftlich relevante Berliner Museumslandschaft und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen ein. Der Berliner Museumsverband versteht sich ebenso als Teil der Berliner Stadtgesellschaft wie der bundesweiten und internationalen Museumslandschaft.
Der Berliner Museumsverband ist Teil des Bündnisses #BerlinIstKultur
Die Stiftung Topographie des Terrors mit dem Dokumentationszentrum Topographie des Terrors sowie dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit sind Mitglieder des Berliner Museumsverbands.
Statement der Stiftung Topographie des Terrors anlässlich des Aktionstages #BerlinIstKultur
Berlin, 15. Oktober 2024
Liebe Freundinnen und Freunde der Stiftung Topographie des Terrors,
wie Sie eventuell der medialen Berichterstattung entnommen haben, steht das Land Berlin vor einer Haushaltsnotlage. Dem Kultur-Etat, wie allen Ressorts, drohen in den kommenden beiden Jahren massive Kürzungen, die für alle Bereiche der vielfältigen Berliner Kulturlandschaft drastische Auswirkungen hätten – so auch für die Museen, Gedenkstätten und Ausstellungshäuser.
Der Berliner Museumsverband, dem auch unsere Stiftung angehört, hat in einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister, den Senator für Finanzen sowie den Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt dazu Stellung genommen. Darin appellieren wir an die Verantwortlichen, bei den anstehenden Beratungen zur Haushaltskonsolidierung den gesellschaftlichen Stellenwert der Kultur – und dazu gehört selbstverständlich auch die Erinnerungskultur und Geschichtsvermittlung – für die Stadt Berlin besonders zu berücksichtigen.
Den Offenen Brief finden Sie hier:
Für das Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit sowie alle NS-Erinnerungsorte im Berliner Raum würden die drohenden Einsparauflagen zu Einschränkungen insbesondere bei der Bildungs- und Vermittlungsarbeit führen – denn der Unterhalt der Liegenschaften und andere Fixkosten bieten keinen Spielraum für derart umfangreiche Kürzungen. Wir wären gezwungen, unsere Ausstellungen und Veranstaltungsprogramme, Führungen, Seminare und Workshops mit Schüler*innen wie Erwachsenen und weitere Formen der Bildungsarbeit massiv zu reduzieren.
Dieses Szenario erfüllt uns mit großer Sorge. Gerade in Zeiten, in denen der Rechtsextremismus und Geschichtsrevisionismus zunimmt und die Demokratie herausgefordert ist, sind Angebote der politisch-historischen Bildung, wie sie insbesondere von Gedenkstätten und NS-Erinnerungsorten geleistet werden, von großer Bedeutung.
Wir unterstützen daher den Aktionstag #BerlinIstKultur – Kulturabbau verhindern, den die Berliner Kultureinrichtungen am Mittwoch, den 16. Oktober 2024 durchführen. Wie viele andere Häuser werden wir an diesem Tag vor Ort in unseren Dokumentationszentren Topographie des Terrors in Kreuzberg und NS-Zwangsarbeit in Schöneweide, auf unseren Websites sowie in den sozialen Medien auf die bedrohliche Situation für die Berliner Kultur hinweisen.
Was können Sie tun?
Wenn Sie uns und alle Akteure der diversen Berliner Kulturlandschaft unterstützen möchten, ermuntern wir Sie dazu:
- Unterzeichnen Sie die Petition „Berliner Kultur in der Haushaltskrise schützen“, die der Bühnenverband Landesverband Berlin lanciert hat:
- Schreiben Sie den Abgeordneten Ihres Wahlkreises, den Fraktionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus sowie den zuständigen Mitgliedern des Berliner Senats. Einen Briefentwurf, der individuell angepasst werden kann, finden Sie auf der Website zum Aktionstag #BerlinIstKultur:
Für Ihre Unterstützung und Ihr Interesse an unserer Arbeit danke ich Ihnen im Namen aller Mitarbeiter*innen der Stiftung Topographie des Terrors sehr herzlich.
Wir freuen uns, Sie bald wieder in unseren Häusern begrüßen zu dürfen!
Ihre
Dr. Andrea Riedle
Direktorin der Stiftung Topographie des Terrors